Kirstenbosch National Botanical Garden

Mein erster Weg im Garten führt mich zur Baumschlange. Der Baumwipfelgang wurde von einer deutschen Kollegin und der Internetseite der Gartenverwaltung wärmstens als spektakuläres Erlebnis empfohlen. – Tja. – Der Besuch beginnt mit einer kleinen Enttäuschung. Die Canopy Walks in Australien, die sich dreißig Meter über den Boden erheben, sind schon eine etwas andere Nummer als die paar Meter der Baumschlange und der Baumwipfelgang in Kew Gardens spielt auch in einer anderen Liga.

Nach und nach erschließen sich mir aber mehr und mehr unterschiedliche Gartenräume. Die Luft, besonders in den Waldgärten ist schwer und aromatisch. Die Gerüche, die ich mir beim Reiben an Pflanzen im Duftgarten an die Finger geholt habe, werden mich noch lange begleiten. Es dauert eine Weile, bis ich begreife, dass der Geruch nicht von mir und mangelnder Körperhygiene ausgeht. Und so stehe ich später am Flughafen in der Toilette und wasche mich, um den Moschusduft loszuwerden, der mich begleitet. Die Szene wird von einem Teenager, der die Toilettenräume betritt, fassungslos bestaunt.

Ein weiteres Highlight des Gartens sind die Vogelstimmen und die vielen dazu gehörenden Sänger. Ich versuche möglichst viele der Vögel zu fotografieren, was aber nicht immer sehr erfolgreich klappt.

Trotzdem ist es irgendwann schon 15.00 Uhr, aber ich rechne aus, dass es bis zum Abflug noch einen ganzen Arbeitstag hin ist. Mit ein paar weiteren Stromereien durch bisher unentdeckte Räume des Gartens bringe ich die Zeit bis kurz vor fünf leicht rum. Der Garten hat so eine unglaublich Ausdehnung! Allerdings warnen am Eingang Schilder vor Raubüberfällen besonders in den peripheren Bereichen und empfehlen nur in Gruppen durch den Park zu gehen.

In einigen Teilen des Parks scheine ich der einzige Besucher zu sein. Ein Knacken im Unterholz lässt mich nervös herum schauen – in Australien hätte ich jetzt nach einem interessanten Tier Ausschau gehalten… Trotzdem ist Kirstenbosch definitiv in meiner Top 10 der schönsten botanischen Gärten weltweit.

Die anschließende Zeit reicht noch, um durch den dichten Feierabendverkehr eine Tankstelle und die Mietwagenrückgabe am Flughafen zu finden.

Der Flug nach Amsterdam ist der letzte heute hier abgefertigte Flug. Check-in und Sicherheitskontrolle verlaufen entsprechend recht zügig. Die Gates werden fast ausschließlich von Gästen dieses Fluges besiedelt. Die Läden mit Nippes, Kosmetika und Elektronik machen kein großes Geschäft. Das Flugzeug rollt ans Gate, die Passagiere verlassen das Flugzeug, Reinigungskräfte und Caterer übernehmen – bald geht es nach Haus.

Dieser Beitrag ist Teil einer kleinen Serie von Artikeln zu einer Geschäftsreise nach Südafrika, an die ich ein paar Tage Urlaub dran hängen konnte.

Im Linksverkehr entlang der Küste und durch die Metropole

Schon die Fahrt von Betty’s Bay ins benachbarte Pringle Bay ist ein Erlebnis. Es geht etwas den Berg rauf und dann in ein wunderschönes Küstenpanorama wieder runter. Die Straße windet sich jetzt bis Kapstadt immer an der steilen Küste entlang. Dazu sind auf der gegenüberliegende Seite die Berge des Kaps der Guten Hoffnung zu sehen. Die Straße zählt mit Sicherheit zu den schönsten Küstenstraßen der Welt. Dann erscheint ein trauriges Schild, das das Ende der Walroute markiert. Kurze Zeit später taucht die Straße landeinwärts in die Metropole ein. Die Gewöhnungszeit hat gereicht und ich traue mich sogar rechts zu überholen. In Cape Town angekommen ist der Tafelberg wieder komplett wolkenfrei – was Kollegin Janntje, die ein paar Jahre hier gelebt hat, da bloß erzählt, dass das praktisch nie vorkomme… 🙂

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Harold Porter National Garden

Zunächst bin ich etwas enttäuscht. Der Garten sieht nicht sehr groß aus. Am Eingang werde ich gefragt, ob ich das erste Mal da wäre. Da dem so ist, erklärt mir ein Guide anhand einer nicht maßstäblichen Karte die möglichen Rundgänge und Touren. Gegen Kaution kann man einen Schlüssel für die Leopardenschlucht-Tour bekommen, die das Gartengelände durch ein Tor verlässt. Die Bilder von Holzleitern am Berg lassen mich dankend ablehnen. Stattdessen mache ich mich auf die Zickzack-Tour. Diese führt mich über einen kleinen Wasserfall, der auch mit dem Rollstuhl erreichbar ist, an den Berghang und höher und höher hinauf. Die Ausblicke sind fantastisch.

Zigzag Trail Harold Porter National Garden

Allerdings wird die Bergwand auch immer steiler und der Pfad – mindestens gefühlt – immer schmaler. Kurz vor der steil aufragenden Felswand in der vorletzten Serpentine ist dann bei mir Schluss und Höhenangst setzt ein. Ich würde mich gerne irgendwo festhalten, aber da ist nur etwas Heidevegetation. Da der Pfad sowieso kein Rundweg ist, beschließe ich mich schon hier unterhalb des Plateaus wieder auf den Rückweg zu machen. Eine Bank mit unglaublichem Blick über die Bucht und einem bunten Strauch davor nutze ich, um meine etwas wackeligen Beine mit ein paar Keksen und Wasser wieder ruhiger zu kriegen.

Eine Abbiegung von den Serpentinen führt mich zum Pfad der Leopardenschlucht-Tour und durch Buschlandschaft mit toller Vogelwelt geht es zurück in den Park. Diesmal lasse ich mir mehr Zeit die umfangreichen Erklärungstafeln zu lesen, die dreisprachig abgehalten sind. Der Besuch klingt dann mit einem Burger mit Pulled Pork im Restaurant des Parks aus. Da ich noch fahren muss, trinke ich nur wenige Schlucke vom bestellten Glas Weißwein, was in diesem Fall aber auch nicht weh tut. Der erste unleckere Hauswein seit ich in Südafrika angekommen bin!

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Pinguine und andere merkwürdige Vögel in Betty’sBay

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An der Küste entlang nach Betty’s Bay

Den Weg von Pearly Beach finde ich ohne Navi. Erstaunlich wie anders die Landschaft aussieht, wenn man in die andere Richtung fährt. Die steil aufragende Bergkette, aus der ich beim Hinweg kam, ist mir im Rückspiegel nicht weiter aufgefallen. Jetzt ragt sie steil vor mir hoch. Die Kanten sind von den vielen Jahren, die sie schon hier steht, gerundet, aber die Seiten steigen immer noch fast neunzig Grad an. Durch die flachen Ebenen zwischen den Bergen und an der Küste vor den Bergen geht es wieder nach Hermanus.

Ankunft mit technischer Unterstützung

Die wunderschöne Küste entlang bin ich plötzlich schon in Betty’s Bay. Jetzt nehme ich doch noch dankbar die Hilfe der Technik in Anspruch, um mein gemietetes Apartment zu finden. Das Handy verrät mir über meine Bestätigungsmail die Adresse und damit findet mein Navi im Mietwagen die Unterkunft ohne Probleme. Noch vor wenigen Jahren wäre so eine „Reiseplanung“ undenkbar gewesen. Von Unterkunft zu Unterkunft habe ich mich über Buchungen über das Internet durchgehangelt, mal über das WLAN meiner Unterkunft, mal über mobiles Internet von MTN, das hier eigentlich immer zur Verfügung stand und (aus meiner deutschen Perspektive) nicht die Welt kostet.

Pinguine!

Der Fußweg zum Pinguinreservat ist sehr abwechslungsreich. Das Land zwischen den Ferienhäusern (?) könnte fast angelegter Garten sein. Unterschiedliche Gräser, Büsche und Wildblumen bedecken die Flächen zwischen zahlreichen Felsbrocken. Überhaupt hat die Pflanzenwelt es mir angetan. Viele Pflanzen, die wir in Deutschland nur als Zimmerpflanzen kennen, sehe ich hier am Straßenrand wachsen. Proteae, Pelargonien, Clivia – alles wächst wild oder einfach so im Vorgarten.

Kaum am Strand der Pinguine angekommen, begegnet mir auch schon der erste. Ich mache ein paar Fotos und der Pinguin macht sich auf von der Wasserlinie in die Vegetation des Hinterlandes. Am Strand weiter herumstromernd, mache ich Fotos von einem Kingfischer, Nilgänsen, afrikanischen Austernfischern und anderen Vögeln. Als ich zum Punkt der ersten Pinguinbegegnung zurückkommen, stehen einige Pinguine am Strand und kommen nicht weiter, weil ein Teenager und ihr Vater im Weg zur Pflanzenzone mit den Wohnhöhlen stehen und Fotos machen. Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit die Beiden gerade darauf ansprechen möchte, fängt der Vater an seiner Tochter zu erklären, dass die Pinguine weiter zu ihren Höhlen möchten. Was für Spacken! Wenn man sich dessen nicht bewusst ist, da ewig rumzustehen, ist ja schon blöd. Aber so was für das perfekt Selfie mit Pinguin?

Weiter geht es am Strand und ich stelle fest, dass ich beim Ankommen falsch abgebogen bin. Das eigentliche Reservat befindet sich hinter einem Zaun zur anderen Seite des Strandes. Da die Öffnungszeit gerade vorbei ist, gehe ich nicht mehr rein. Es ist nach 16.00 Uhr und die Pinguine kommen allmählich in großen Zahlen von der Arbeit im Ozean zu ihren Lieben in den Höhlen zurück. Und auch ohne im Reservat zu sein, sehe ich dutzende von Pinguinen.

Zurück auf dem Weg in die Unterkunft begegne ich zwischen den Felsen drei Frauen, die mir erzählen, dass sie nach „seastars“ suchen. Erst etwas später stutze ich und denke, heißen die Dinger nicht „starfish“?
Das ist schon ein merkwürdiges Land. Fast überall, wo ich mir etwas angesehen habe, sind fast ausschließlich Weiße zu sehen gewesen. Und die Weißen, denen ich begegne, sprechen überwiegend muttersprachlich Afrikaans. Die Schwarzen machen vielleicht die Parkaufsicht, den Kellner oder die Gärtnerin. Aber sie schauen sich nirgends müßig gehend das Land an. Wie viele sind wohl in der Mittelschicht angekommen, die für solche Bildungstrips Zeit und Geld hat?
Im Flieger von Johannisburg nach Kapstadt war im Magazin der Fluglinie eine Buchrezension. In dem Buch beschrieb eine schwarze Südafrikanerin ihre Erlebnisse auf einer Campingtour mit der Familie durch Südafrika. Schwarze, die campen gehen, war für viele andere – der fast ausschließlich weißen – Nutzer der Campingplätze fast unfassbar und für einige leider auch zu viel.

Ich werde nicht mehr viel über diese Gesellschaft herausfinden. Ich habe gerade über das langsam schwindende Datenvolumen meines Handys meinen Sitzplatz im Flieger reserviert. Die Gedanken gehen an das richtige Packen für morgen. Was geht sofort in den Koffer, was erstmal in den Rucksack, was muss im Koffer oben sein, damit ich vor dem Abflug noch mal umpacken kann? Da mein Flieger erst um 22.55 Uhr geht, werde ich von hier noch zum botanischen Garten von Kirstenbosch hochfahren. Das Navi im Auto ist programmiert.

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Ausflug zum Cape Agulhas

Zum Glück hat Sonia vom B&B mir eine Wegbeschreibung mitgegeben. Mein Navi will mich in einem riesigen Inlandsbogen von Pearly Beach nach Cape Agulhas führen. So biege ich vorher ab und fahre durch eine hügelige, liebliche Agrarlandschaft, die dann in Buschland übergeht. Kurz vor Elim sehe ich von rechts eine Schotterpiste aus Pearly Beach kommen. Die hätte mächtig Weg abgekürzt, aber noch habe ich mich das mit dem Mietwagen nicht getraut.

Elim ist ein Dorf wie aus dem Bilderbuch. Kleine, weiße Häuser reihen sich die Dorfstraße aneinander bis hoch zur Dorfkirche. Die Bewohner scheinen alle Schwarze zu sein, die teilweise in den kleinen, gepflegten Gärten vor den Häusern sitzen. Eigentlich sollte ich hier mit der Kamera herumlaufen und schöne Bilder machen. Aber irgendwie hätte ich dabei ein merkwürdiges Gefühl des Nicht-hier-her-gehörens und Unfreundlichen-betretens im Bauch. Ich biege ab auf die Straße nach Struisbaai.

Hinter Elim versucht das Navi immer noch mich wieder auf die lange Inlandsroute zurückzuführen. Die geteerte Straße knickt nach links nach Bredasdorp, aber ich fahre geradeaus auf die Schotterpiste nach Struisbaai. Und schon nach kurzer Fahrt hat es sich gelohnt. In einem Wasserloch stehen Flamingos, auf Feldern und im Busch sind Strauße und merkwürdige Vögel, die nach einer Mischung aus Kasuar, Truthahn und Pfau aussehen, überqueren die Piste. Dann trifft die Schotterpiste wieder auf die Asphaltstraße zum Cape Agulhas.

Nach einem Tankstopp, den ich auch nutze, um an einen Geldautomaten zu gehen, entdecke ich in der, vom Tankwart geputzten Windschutzscheibe, einen mehrere Zentimeter langen Riss. Mist.

Der Leuchtturm am Kap ist sehr hübsch. Die Schotterpiste bis zum Parkplatz direkt am vorgeblich südlichsten Punkt Afrika ist etwas abenteuerlich. Das Monument mit der Platte mit Aufschriften in Afrikaans und Englisch ist etwas langweilig. Geduldig warte ich, bis eine wahrscheinlich Afrikaans sprechende Familie mit allen verfügbaren Kameras und Telefonen Fotos von einander gemacht hat. Zum Abschluss fotografiere ich die vier auch noch zusammen. Dann mache ich Bilder für eine Panoramaaufnahme und überlege, was wohl die Kerle dachten, die dieses Ding einfach an einer passenden Stelle an der Küste fallen ließen. Die Seite, die der indische Ozean sein soll, gibt sich allerdings mit einem Farbspiel in allen Blau- und Türkistönen Mühe, exotisch auszusehen und den Atlantik grau und langweilig aussehen zu lassen.

Zurück fahre ich zunächst die Asphaltstraße. Durchgezogene Linie – eigentlich denke ich, „was soll’s“. Aber der Verkehr ist sehr zügig unterwegs und so halte ich nicht an einem Feuchtgebiet mit Löfflern und Kranichen. Habe ich tatsächlich vergessen zu erwähnen, dass auf den Feldern immer wieder große Gruppen von weißen Reihern oder Ibissen stehen?

Hinter Elim nehme ich dieses Mal die abkürzende Schotterpiste und werde mit wunderschönen Bergpanoramen belohnt. Da die Piste recht unübersichtlich ist, halte ich lieber nicht an, um Fotos zu machen.

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Pearly Beach

Heute geht es durch tolle Landschaft mit Bergen, ausgedehnten Flächen mit Buschbewuchs, dramatischen Küsten und großen Inlets nach Pearly Beach. Zunächst ist es etwas diesig und es gibt etwas Sprühnebel. Aber der Nachmittag ist wunderbar sonnig und ich verbringe ihn am Meer auf den Felsen und am Strand.

Doch noch: Auch hier gibt es mieses Essen

Vorher suchte ich noch nach einem Ort für ein kleines Lunch (das full English breakfast aus dem letzten B&B wirkte noch).

Der „Beach Club“ ist scheinbar eine alte Scheune. Besucher sind willkommen, doch ich bevorzuge weiter zu fahren. Gegenüber ist ein Pub. Schon auf dem Parkplatz beschließe ich noch etwas weiter zu suchen. So fahre ich fast jede Straße des Ortes ab. An der Küste stehen teilweise sehr exklusiv aussehende Bauten, weiter landeinwärts steht eine Schlichtbausiedlung für Schwarze. Ich habe alles gesehen und kehre also doch im Beach Club ein.

Schon an der Tür nimmt mich eine Dame in Empfang, die mich zum Tresen für Essensbestellungen lotst. Es gibt noch eine Portion geschmorrten Ochsenschwanz mit Gemüse. Auf der Karte habe ich das Gericht hier schon oft gesehen, also sage ich nicht nein. Die örtliche Bevölkerung dreht sich wieder von mir weg und ihrem Essen zu. Zumindest der Teil, der im Restaurant sitzt, tut dieses. Die Besucher der Bar schauen noch eine Weile zu mir, so sie nicht etwas apathisch in ihre Gläser schauen.

Die Scheune ist praktisch dreigeteilt. Durch den Eingang kommend, findet man zur Linken an der Hinterwand eine Bar. Von dieser hole ich mir dann auch, als mein Essen da ist, eine Cola. Die anderen Gäste trinken Bier (Männer) oder Weißwein (Frauen).

Die Mitte gehört Sitzplätzen von „Karin’s Kitchen“, deren Tresen an den Bartresen in der Mitte der Hinterwand anschließt. Zwischen Bar und Restaurant brennt ein Feuer in einem verglasten Ofen, dessen Wärme kaum bis zu einem der hinteren Tische strahlt, an dem ich sitze. Das letzte Drittel wird von einer Freifläche und einer Art Bühne eingenommen.

Die freundliche, etwas plumpe Bedienung bringt mir einen Teller mit einer enormen Portion heißen Essens. Es sieht nicht sehr lecker aus. Die Erbsen sehen nach Konserve aus. Die Karotten habe jegliche Form eingebüßt. Der Ochsenschwanz besteht überwiegend aus Knochen. Alles wäre gut, wenn da jedenfalls etwas Geschmack drinnen wäre! Auch größere Mengen von Salz aus dem etwas ranzigen Streuer auf dem Tisch – kommt da überhaupt etwas raus?! – helfen leider nicht. Als ich das Besteck zur Seite lege und die Bedienung abräumt, droht sie mir an, dass zum Sonntagsspezial auch noch ein Nachtisch gehört. Sie bringt eine Schale mit einem irgendetwas in Vanillesauce und Sahne. Die Masse weicher Konsistenz mit einer karamellisierten Oberfläche schmeckt erstaunlich gut und ich esse sie fast auf. Was ich leider mit dem Ochsenschwanz auch schon gemacht habe. Angesichts des opulenten Frühstücks aus dem B&B war das sicher ein Fehler. Allerdings wollte ich den Einheimischen das Essen nicht fast komplett zurückgeben. Immerhin war die Aufmerksamkeit gerade nicht mehr auf mich gerichtet. Und den einheimischen (bis auf einen Bargast ausschließlich weißen) Gästen scheint es sehr gut zu schmecken bei Karin. So lassen sie es jedenfalls die Bedienung wissen.

Walroute ohne Wale

Auch mit dem im B&B geliehenen Fernglas habe ich den ganzen Nachmittag kein Glück beim Wale sichten. Sonia vom B&B behauptet, dass am Vortag eine Mutter mit Kalb in der Bucht gewesen sei. Ich erwidere, dass ich das auch sagen würde, wenn ich in der Tourismusindustrie wäre. Sie lacht.

Vielleicht haben sich kluge Touristiker das alles nur ausgedacht?
Dagegen sprechen die freundlichen Südafrikaner, die ich vor dem Checkin im B&B am Strand traf. Sie kommen immer zum Wale beobachten hierher und ließen mich sogar durch ihr Fernglas schauen. Clever wäre das aber schon. Abertausende von Touristen, die hunderte Kilometer an der Walroute entlangfahren, übernachten, essen und Souvenirs kaufen. Das wäre fast wie Bielefeld. Das gibt es ja auch nicht.[1]

Doch noch Wale 🙂

Als ich am nächsten Tag von einem Ausflug zum Cape Algulhas ins B&B zurückkomme, begegne ich den Besitzern, die gerade versuchen, den kaputten Boiler zu reparieren, der mir eine kalte, morgendliche Dusche spendiert hatte. Brrr. Die Einladung auf das obere Terrassendeck nehme ich wieder gerne an und dieses Mal sehe ich sogar, wie sich ein Wal in der Bucht um seine Längsachse dreht und mir dabei seinen weißen Bauch zeigt. Ein anderer Wal begibt sich gerade aus der Bucht und macht dabei wunderbare Sprünge. Mein Teleobjektiv ist bei Weitem nicht ausreichend für ein vernünftiges Foto, aber im Blau erkennt man etwas, das ein Wal sein kann. 😉

Dieser Beitrag ist Teil einer kleinen Serie von Artikeln zu einer Geschäftsreise nach Südafrika, an die ich ein paar Tage Urlaub dran hängen konnte.


[1] S. die Bielefeldverschwörung https://de.wikipedia.org/wiki/Bielefeldverschw%C3%B6rung

Hermanus

Die paar Schritte am tosenden Ocean entlang durch das Halbdunkel des Abends komme ich in die Stadt.
Im Guesthouse gab es Sicherheitshinweise (eine ganze A4-Seite!), die unter anderem von der Benutzung des Weges am Kliff nach Einbruch der Dunkelheit abraten.
Aber als ich im Pear Tree am Old Harbour draußen (wir haben Winter!) zu Abend esse, spielen unbeaufsichtigte, weiße Kinder auf einem Spielplatz am Meer. Die Wahrnehmungen von Sicherheit scheinen durchaus unterschiedlich zu sein.

Ich fühle mich jedenfalls auch sicher. Vielleicht ist es aber auch nur das unglaubliche Wohlbefinden, das sich mit dem riesigen Salat aus Roter Beete, Minispinat, Birnen, Ziegenkäse, Pinienkernen und Honigdressing in mir breitmacht. Falls es nicht der Salat ist, ist es vielleicht das Filet auf Püree mit Meerrettich und raffinierten Veggie Shavings auf Rotweinsauße, das mich ruhig und zufrieden macht. So oder so: Dieses Essen bekäme ich im deutlich größeren Flensburg kaum. Hoffentlich komme ich nicht total rund wieder nach Haus.

Am folgenden Tag streife ich viel den Cliff Walk von Hermanus entlang, sehe Klippschliefer und viele interessante Vögel – aber keine Wale. Bei Oldport sollen sie sogar zu dieser Jahreszeit regelmäßig bis an die Stadt heranschwimmen. Deshalb gönnt sich Hermanus einen hauptamtlichen Walausrufer, der mit seinem Horn auf Walsichtungen aufmerksam machen soll. Für mich bleibt das Horn stumm. Trotzdem genieße ich den Aufenthalt sehr.

Dieser Beitrag ist Teil einer kleinen Serie von Artikeln zu einer Geschäftsreise nach Südafrika, an die ich ein paar Tage Urlaub dran hängen konnte.

Kapstadt und hinaus

Viel sehe ich nicht von der Stadt, da meine Workshops, die ich für Lehrende und E-Learning-Kollegen an der CPUT (Cape Pensinsula Technical University) gebe, mich auf Trab halten.

Ein Ausflug mit meinem Kollegen Martin an die V&A Waterfront ist alles, was drin ist. Mir ist das etwas zu viel Disney Land und zu wenig echtes Leben. Die Waterfront ist mit Touristen – wie uns – überlaufen und zum ersten Mal in Südafrika esse ich in einem Restaurant eher unlecker und des Geldes nicht wert.

Ein Ausflug auf den Tafelberg fiel leider aus, da die Seilbahn in der Wartung war.

Vom letzten Schulungstag zurück im Hotel trinken Martin und ich noch einen Kaffee zusammen. Dann lasse ich mich vom Hotelshuttle zum Autovermieter am Flughafen bringen. Etwas nervös mache ich mich mit meinem Renault Clio durch den feierabendlichen Linksverkehr auf den Weg nach Hermanus zum Whale Watching.

Der Anblick der Berge um Kapstadt herum, die in warmes, rötliches Abendlicht getaucht sind, lässt mich von einem Ohr zum anderen Grinsen – angekommen. Aus der Stadt geht es eine Stunde stop-and-go heraus auf eine Bergkette zu. Kurz vor den Bergen kommt der Verkehr ins Rollen. Es sieht zunächst so aus, als würde die Straße in einem Tunnel von den Bergen verschluckt werden. Doch dann sehe ich die Serpentinen, die sich den Berg hochziehen. Der Verkehr fließt recht zügig, das Licht lässt stark nach und ich muss mich auf’s Fahren konzentrieren. Trotzdem ist der Anblick spektakulär.

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Der Bahn eine neue Chance?

Als bekennender Bahnhasser hatte ich eine interessante Bahnfahrt von Flensburg nach Hamburg, die mich meine Ablehnung neu überdenken lässt.

0:1

Ein paar alkoholisierte, jugendliche Vollspacken dröhnen die anderen Fahrgäste mit einem miesen, deutschen Schlager über „meine Heimat ist Mallorca“ in einer Endlosschleife aus schlechten Lautsprechern zu und sich selbst dabei mit einigen Flaschen aus einer Kiste Flensburger Pilsener. Die Schaffnerin ermahnt sie zweimal zur Rücksichtnahme bis die grausige Beschallung nach vielen Zugkilometern endlich endet. Jetzt hört man sie dafür Rotze durch die Nasen hochziehen und Rülpsen – 0:1 gegen die Bahn.

1:1

Die Fahrt über die Eisenbahnbrücke von Rendsburg wird ausnahmsweise ein Plus für die Bahn. Wenn man bei der Reise durch Schleswig-Holstein schon aufgehalten werden muss, dann bitte mit so schönen Bildern dieses beeindruckenden Bauwerks und einem wunderbar rötlich, warmen Licht über der Landschaft. 1:1 für die Bahn.

2:1

Hinter Rendsburg steigt eine junge Frau – ein Mädchen? – von siebzehn bis neunzehn Jahren ein. Sie trägt ein elegantes, schwarzes Kleid, welches vorne hochgeschlossen aber hinten tief ausgeschnitten ist. Der ärmellose Schnitt offenbart, dass sich ihre Sommersprossen weit über das Gesicht hinaus ziehen. Augen und Mund sind perfekt geschminkt und stehen in einem gewissen Kontrast zur langen, rotblonden Mähne. Als sie sich hinsetzt, packt sie eine stabförmige Apparatur aus, die sich als Lockenstab entpuppt und über die kommende Stunde die Wildheit der Frisur der Eleganz der restlichen Erscheinung anpasst. Die Steckdose musste sie nicht lange suchen – offensichtlich nutzt sie die Bahnfahrt nicht erstmalig zum Stylen. Als die Haare fertig sind, werden noch die Fingernägel sehr akkurat lackiert. Bis Hamburg Dammtor gibt sie ein in sich stimmiges Bild ab. Respekt für so viel Selbstvertrauen. Würde ich die Bahnfahrt zum Rasieren im Abteil nutzen? 2:1 für die Bahn.

2:2

Auf freier Strecke vor Hamburg bleibt der Zug stehen und der Zugchef murmelt etwas von Verkehr auf der Strecke. Der Zug fährt wieder an. Der Zug bleibt wieder stehen. Der Zugchef murmelt etwas nur regelmäßig Bahnfahrenden oder Bahnmitarbeitern Verständliches. Was ich verstehe ist „circa sieben Minuten Verspätung“. Ich möchte zwar nur den S-Bahnanschluss erreichen, aber eine Fahrt auf der Strecke zwischen Hamburg und Flensburg ohne Verspätungen wäre auch mal nett. 2:2 gegen die Bahn.

3:2

In dem Kapstadt-Reiseführer, den meine wunderbare Frau mir kurz vor der Abfahrt geschenkt hat, bin ich auf Seite 143 angekommen und habe schon einiges über Geschichte, Natur, Sehenswürdigkeiten und – sehr wichtig – die Küche der Kapprovinz gelernt. 3:2 für die Bahn.

4:2

Der Doppeldeckerzug nähert sich Hamburg Hauptbahnhof und ich stehe wegen der Verspätung schon im Bereich der Türen. Von der Decke kommt ein Edelstahlhandlauf herunter, vor dem ich mich in acht nehmen muss, da die Bahn offenbar nicht an Menschen über 1,95 Meter gedacht hat. Eine Backpackerin beobachtet mein Ausweichen amüsiert und stellt fest, dass ich im Gegensatz zu ihr jedenfalls an den Handlauf heranreichen kann – was ich nur kurz später beim abrupten Bremsen des Zuges auch muss. Sie fragt, ob ich auf dem Weg zum Airport sei (Rollkoffer, Rucksack und Notebook-Tasche könnten mich verraten haben). Ich bin auf dem Weg ins Hotel, da mein Flieger nach Südafrika morgen früh um sechs Uhr geht. Sie will heute noch nach Island fliegen. Unsere Wege trennen sich und auf dem Weg zu meiner S-Bahn schwelge ich in Bildern von Geysiren und Vulkanen. 4:2 für die Bahn.

5:2

In der S-Bahn spricht mich eine Endfünfzigerin mit Hund an, ob ich Deutsch verstände. Dem Aussehen und Akzent nach könnte sie aus dem Iran kommen. Ich bejahe ihre Frage und sie sagt mir mit einem breiten Lächeln, „Sie sind ein sehr schöner Mann“. Sprach‘s und verlässt mit ihrem Hund den Zug, ohne sich noch einmal umzudrehen. Das hört man(n) nicht aller Tage. Definitiv 5:2 für die Bahn.

5:3

Während ich noch etwas irritiert aber lächelnd der Dame mit Hund nachblicke, reißt mich eine Stimme aus der Mitte des Wagens zurück in die harte Realität des Bahnfahrens. Ein Bettler hält eine Ansprache und bittet um Geld oder etwas zu essen. Er sieht nicht ungepflegt oder heruntergekommen aus. Höflich spricht er jeden Fahrgast im Abteil an und wünscht jedem noch einen schönen Abend, obwohl niemand ihm etwas gibt – ich auch nicht. So ist das Leben und die Realität. Aber dieser Bruch war gerade zu hart für mich. 5:3 gegen die Bahn.

5:4

Ich habe nicht lange Zeit über meine Schamgefühle nachzudenken, dass ich dem freundlichen Bettler kaum in die Augen schauen mochte. Ein offensichtlich alkoholisierter Mann pöbelt einen freundlich dreinschauenden Mann auf dem Bahnsteig an und droht ihm für morgen Gewalt an. Dieser reagiert gelassen, der Pöbler sammelt seinen Plastikbeutel mit Pfandgut und diverse andere Taschen und einen Rucksack ein – und besteigt durch die Tür, an der ich stehe, das Abteil. Seine Habseligkeiten purzeln auf den Boden, er rafft sie wieder zusammen und lässt sich in einen Sitz fallen.

Plötzlich fängt er an, eine ältere Dame und ihren Begleiter anzupöbeln, dass die Syrer uns das ganze Land wegnähmen und weitere Ausländerfeindlichkeiten. Sie reagiert kaum. Er hat offensichtlich die gelbe Plakette mit den drei schwarzen Punkten nicht bemerkt.

Er wechselt das Thema und beschimpft die beiden jetzt, dass sie im dritten Reich doch auch die Schnauze gehalten hätten und dass sie dafür den Tod verdienten. Er würde das erledigen, es ginge alles ganz schnell. Er fängt an, in einer seiner Tüten zu wühlen, ich fange an zu überlegen, mit welchem meiner Gepäckstücke ich einen Angriff abwehren könnte. Er zieht eine leere Bierdose aus der Tüte, stopft sie wieder rein und wühlt weiter. Jetzt zieht er eine leere Bierflasche heraus. Die Anschläge mit Axt und Messer in einem Zug und einer Pistole vor einem Einkaufzentrum sind erst wenige Tage her. Ich bin froh, dass es keine Pistole ist und warte, ob er den Boden der Flasche abschlagen will. Er steckt auch die Flasche in seine Tüte zurück. Voller Anspannung beobachte ich, was er weiter tut. Ich möchte den Besoffenen aber auch nicht unbedingt mit meiner Aufmerksamkeit reizen.

Das ältere Paar verlässt die Bahn, der Säufer beruhigt sich und schaut aus dem Fenster. Plötzlich erhebt er sich und stellt leicht wankend fest, dass er hier doch aussteigen möchte. Ich sacke etwas in mir zusammen. 5:4 gegen die Bahn.

Beim letzten Erlebnis möchte ich nicht einfach einen Punkt gegen die Bahn vergeben – das ist mindestens zwei Minuspunkte wert. Es steht 5:5 unentschieden.

5:6

Während ich diese Zeilen am Schreibtisch des Hotelzimmers schreibe, meldet sich mein von den viel zu kleinen Sitzen im Regionalexpress geschundener Rücken schmerzhaft wieder zurück. Ich werde in diesem Leben kein Bahnfahrer mehr. Es steht 5:6 gegen die Bahn.